Urban-Gardening-Manifest “Die Stadt ist unser Garten!”

Über 80 Garteninitiativen haben unter www.urban-gardening-manifest.de ein gemeinsames Manifest veröffentlicht. Es soll zur öffentlichen Diskussion über die Gestaltung der Zukunft der Stadt und über die Bedeutung von Gemeinschaftsgärten und Stadtnatur als Gemeingüter beitragen.

Die Initiatoren betonen, wie wichtig ein frei zugänglicher öffentlicher Raum ohne Konsumzwang für eine demokratische und plurale Stadtgesellschaft ist. Gleichzeitig fordern sie Politik und Stadtplanung auf, die Bedeutung von Gemeinschaftsgärten anzuerkennen und ihre Position zu stärken. Hier das Manifest als Video:

Fruchtbare Böden fürs Commoning

Nachfolgend reproduzieren wir einen Beitrag aus dem Buch „Wissen wuchern lassen – Ein Handbuch zum Lernen in urbanen Gärten“. Der Beitrag stammt von Miren Artola und betrachtet Gemeinschaftsgärten aus dem Blickwinkel der Allmende.

wissen wuchern lassen

Gemeinschaftsgärten sind ein gutes Beispiel für Stadtentwicklung von unten: Menschen gründen Gärten und nehmen damit Teil an der Gestaltung von Stadtraum. So entsteht ein unkommerzieller Erholungsort, den z.B. die Nachbar*innen eines Kiezes ihren Bedürfnissen entsprechend gestalten können, das beinhaltet neben räumlichen auch immer soziale und politische Dimensionen. Diese bewusst und aktiv zu gestalten, kann dennoch leicht aus dem Blick geraten beim Einsatz und dem Wirbel um die ganzen praktischen, materiellen und formellen Anliegen. Deshalb wollen wir euch hier zum Schluss das Prinzip der Allmende ans Herz legen, das wir – wie der Name unserer Initiative schon zum Ausdruck bringt – als wegweisend empfinden.

In aller Kürze: Was bedeutet eigentlich Allmende? Allmende ist die deutsche Übersetzung für Commons. Klassischerweise bezeichneten Allmenden Weiden oder Wälder, die von einer Gemeinde gemeinsam genutzt und gepflegt wurden. Produktiv nutzbarer Boden ist aber keineswegs die Haupteigenschaft, die Allmenden – und schon gar nicht moderne Allmenden – ausmacht. Laut Silke Helfrich (2009) bringen Commons eine soziale Beziehung zum Ausdruck. Es gibt sie überall dort, wo Menschen gemeinschaftlich eine Ressource schaffen, benutzen und pflegen und gemeinsam die Zugangs- und Nutzungsrechte auf diese Ressource gestalten. Diese Gestaltung der Spielregeln ist ein ständiger Aushandlungs- und Organisationsprozess und wird Commoning genannt. Commons werden also durch das Commoning zwischen den beteiligten Menschen aktiv geschaffen und am Leben erhalten.

In diesem Kapitel haben wir an mehreren Stellen auf die Wichtigkeit von einem möglichst offenen und partizipativen Gründungsprozess hingewiesen. Dieser kann als Commoning gedacht und gestaltet werden: Wer, was, wie ist alles in Berührung mit den Ressourcen (Stadtraum, Boden, Pflanzen, Wasser etc.), die diesen Garten ausmachen? Die betreffenden Menschen mit ihren womöglich diversen Interessenlagen sollten dazu eingeladen werden, sich in den Aushandlungs- und Gestaltungsprozess und darüber hinaus im Alltag des Gartens zu beteiligen. Abgesehen von den Leuten, die den Garten gründen, und denjenigen, die dort gärtnern, sind auch andere Gruppen mit dem Geschehen im Garten in Berührung: die direkte Nachbarschaft, die den Garten noch als Brache kennt, lokale Akteure, die sich über Verbündete im Kiez freuen, die Stadtverwaltung, die für die ehemalige Brache eine Nutzung sieht, Projekte, die sich ebenfalls mit Gärten und verwandten Themen beschäftigen. Sie alle können etwas zu dieser neuen Allmende beitragen!

Sicherlich werden nicht alle gleichermaßen daran beteiligt sein, den Garten als räumlichen, sozialen und politischen Ort zu gestalten, und das ist gut so! Denn Commoning bedeutet auch das Verhältnis zwischen Teilhabe, Mitbestimmung und Verantwortung der Situation angepasst und gerecht zu vermengen (siehe Kapitel VI). Wie das im Konkreten aussieht, hängt von vielen Faktoren wie Arbeitsaufwand, vorhandenen fachlichen Kenntnissen, juristischem Rahmen etc. ab, und die kann man nicht voraussagen. Doch das Prinzip der Commons, kraftvoll und vielversprechend, verdient einen zentralen und sonnigen Platz in unseren Gärten – sie sollen gedeihen! Die Früchte sind mit Sicherheit vielfältig und überraschend.

Das Buch „Wissen wuchern lassen – Ein Handbuch zum Lernen in urbanen Gärten“ kann für 18 EUR im Buchladen erworben oder portofrei beim AG SPAK Verlag bestellt werden. Es steht online zum kostenlosen Download bereit.

Gemeinschaftsgärten in Linz

Der Trend zur Rückkehr zur eigenen Lebensmittelproduktion macht auch vor Linz nicht halt. Was früher als Schrebergarten und Gartln („Gärtnern“) bezeichnet wurde, heißt heute auf gut Neudeutsch Urban Gardening. Und doch geht dieser Begriff etwas weiter, da er das gemeinsame und soziale unterstreicht und sich als Gemeingut versteht.

Linz Pflückt versteht sich als Teil dieser Bewegung – trotz des elementaren Unterschieds, dass die städtischen Linzer Obstbäume von oben verordnet und von der Stadt gepflegt werden, d.h. sich zwar als Gemeingut im öffentlich Raum verstehen, im Gegensatz zu anderen Initiativen aber nicht eigenverantwortlich verwaltet werden.

Brigitte Kratzwald nennt in ihrem Artikel internationale Beispiele wie Todmorden und Andernach, aber auch österreichische wie Wiener Neustadt und Übelbach.

Foto: Jose Pozo_urbanfarm

Interkultureller Gemeinschaftsgarten Tabakfabrik, Foto: Jose Pozo_urbanfarm

Auf unserer Karte haben wir einige interessante Initiativen eingezeichnet, die dazu beitragen, Linz in eine essbare Stadt zu verwandeln. Es handelt sich zum Großteil um Gemeinschaftsgärten, die in den letzten Jahren im Stadtgebiet entstanden sind. Die Liste versteht sich als Work in Progress und ist natürlich offen für weitere Projekte.

Im Stadtzentrum sind seid 2012 mehrere Initiativen entstanden. Der Donaugarten Alt-Urfahr entstand auf einem Grundstück der Stadt, die Initiative Wachstumsphase betreibt einen Gemeinschaftsgarten in der Tabakfabrik. Im Flüchtlingsheim von SOS Menschenrechte in der Rudolfstraße gibt es einen Garten der von den Flüchtlingen betreut wird.

In der KAPU wird unter dem Namen „Essbare Stadt“ gegärtnert, die Stadtwerkstatt experimentiert mit Deckdock 2135. Erwähnenswert – wenn auch nicht auf unserer Karte – ist auch das Augmented Urban Gardens Projekt von Time’s Up.

Der Hafengarten ist das letzte landwirtschaftlich genutzte Grundstück mitten im Industriegebiet, am Fuße des Pöstlingbergs öffnet die Leisenhof Gärtnerei ihre Gartentore für Interessierte. Neu eröffnet wird heuer der Garten der Vielfalt in Plesching.

Weitere gemeinschaftsfördernde Projekte rund ums Urban Gardening in Linz und Umgebung findet ihr bei Stadtgrün und beim Bodenbündnis vor.

 

Selbstversorgung in der Stadt – Urban Gardening und der Kampf um jedes Beet

Veranstaltungshinweis zu einer Diskussion über alternative Selbstversorgung im städtischen Raum am Montag 02.12.2013 um 19:30 im Kepler Salon Linz.

Gemeinschaftsgarten in der Tabakfabrik Linz. Foto: Gisela Birgmann

Gemeinschaftsgarten in der Tabakfabrik Linz. Foto: Gisela Birgmann

Der Wunsch nach alternativer Selbstversorgung im städtischen Raum sowie nach Austauschmöglichkeiten mit Nachbarinnen und Nachbarn in der unmittelbaren Wohnumgebung ist in den letzten Jahren im Kontext der Urban Gardening-Initiativen stark angestiegen. Besonders brachliegende Innenhöfe und ungenutzte Vorgärten würden sich für Gemeinschaftsgartenprojekte unterschiedlichster Art anbieten. Allerdings werden derzeit nicht genügend Flächen zur gärtnerischen Nutzung zur Verfügung gestellt. Welche Hindernisse stehen der Entstehung von Gemeinschaftsgärten im Weg und wo drückt der Hemmschuh zwischen AktivistInnen und GrundstückseigentümerInnen, der daran hindert, einfach loszulegen?

Christoph Wiesmayr (Klima- und Bodenbündnis OÖ, Schwemmland), Wolfgang Schön (WAG Wohnungsanlagen Ges.m.b.H.) und Klaus Buttinger (OÖN) diskutieren mit VertreterInnen von Wohnbaugenossenschaften.